Erziehen
1. Bildung durch Erziehung und Beratung
Im Zentrum pädagogischer Ziele steht die Bildung der Schülerinnen und Schüler. Bildung wird dabei in einem umfassenden Sinne verstanden als die Entwicklung zu Emanzipation und Autonomie in gesellschaftlicher Verantwortung. Bildung braucht, um dieses Ziel zu erreichen, nicht nur Unterricht, sondern auch Erziehung und Beratung.
Lehrerinnen und Lehrer müssen in der Lage sein, für ihre Schülerinnen und Schüler Bedingungen zu schaffen, in denen sie in der Gemeinschaft ihre soziale Rolle entwickeln können und zugleich die Möglichkeit haben, sich mit ihren persönlichen Anteilen einzubringen. Ebenso müssen sie in der Lage sein, ihren Schülerinnen und Schülern beratend zur Seite zu stehen und dazu auch andere an der Erziehung und Bildung beteiligte Akteurinnen und Akteure mit einzubeziehen.
Im Referenzrahmen für die Ausbildung von Lehrkräften im Vorbereitungsdienst des Landesinstitutes für Lehrerbildung Hamburg (Stand 08.2019) werden dafür nötige Kompetenzen vorgestellt:
Kompetenzbeispiele für Erziehen
- Konfliktfähigkeit: Eine Lehrerin bzw. ein Lehrer „kann Konflikte – insbesondere im Zusammenhang mit dem Durchsetzen von Regeln für Schülerinnen und Schüler benennen, Grenzen ziehen und gemeinsam angemessene Lösungswege entwickeln“
- Verantwortungsfähigkeit: Eine Lehrerin bzw. ein Lehrer „übernimmt Verantwortung für ein wertschätzendes Sozialklima und für die Gruppen- und Lehrprozesse“
- Klarheit über die eigene Rolle: Eine Lehrerin bzw. ein Lehrer „bietet rollenbewusst unterschiedliche pädagogische Beziehungen an und gestaltet sie“
Kompetenzbeispiele für Beraten
- Kommunikationsfähigkeit: Eine Lehrerin bzw. ein Lehrer „vereinbart Kommunikationsregeln im Umgang mit Schülerinnen und Schülern unterschiedlichen Alters, Eltern, Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzten und außerschulischen Partnerinnen und Partnern und wendet sie an“
- Kooperationsfähigkeit: Eine Lehrerin bzw. ein Lehrer „ist bereit und in der Lage, mit verschiedenen Partnerinnen und Partnern – Eltern und Familien, schulischen und außerschulischen Einrichtungen – zusammenzuarbeiten und sich mit außerschulischen Lernorten und Einrichtungen zu vernetzen“
Um diese wichtigen Aspekte von pädagogischen Kompetenzen etwas genauer auszuführen, werden die Kompetenzbereiche Erziehen und Beraten im Folgenden detaillierter behandelt.
2. Erziehen als Aufgabe
Die Aufgabe des Erziehens ist im schulischen Kontext sehr vielfältig und facettenreich. Sehr viele Interaktionen mit Schülerinnen und Schülern haben erziehende Anteile, teilweise sehr offensichtlich und bewusst, teilweise eher implizit. Wichtig ist es dabei, sich der Werte und Normen bewusst zu werden, die dem eigenen Erziehungsverständnis zugrunde liegen und dieses Verständnis angemessen in Beziehung zu setzen zu den Werten und Normen von Eltern und anderen bedeutsamen Bezugspersonen. In den folgenden Interviewauszügen geht es um die wesentlichen Funktionen von Erziehung sowie um das Verhältnis der verschiedenen an der Erziehung beteiligten Personen und ihren Vorstellungen zueinander.
3. Beraten als Aufgabe
Beratung findet im schulischen Kontext tagtäglich in den verschiedensten Settings statt. Zwei Beispiele:
- Sofern mich eine Schülerin bzw. ein Schüler um Rat fragt, z. B. im Anschluss an eine Schulstunde, befinde ich mich schon in einer Beratungssituation.
- Sofern ein Elternteil am Nachmittag anruft und sich nach dem Entwicklungsstand des Kindes erkundigt, kann sich aus dem Telefonat ein Beratungsgespräch entwickeln.
Diese Situationen implizieren die Aufgabe des Beratens, obgleich sie zunächst gar nicht explizit als solche definiert werden. Daneben gibt es zahlreiche Situationen, die einen expliziten Beratungscharakter haben, z. B. wenn Kolleginnen und Kollegen sich kollegial über den Umgang mit bestimmten Situationen beraten oder wenn Lernentwicklungsgespräche durchgeführt werden. Lehrerinnen und Lehrer brauchen für implizite und explizite Arten von Beratung Gesprächsführungskompetenzen. Sie müssen in den Beratungen Gelegenheit zur Reflexion geben, Orientierungen vermitteln und konstruktiv mit den Interaktionspartnerinnen und Interaktionspartnern nach Lösungen suchen.
Im Folgenden erfahren Sie etwas mehr zu diesem großen Handlungsfeld im schulischen Alltag.
4. Klassenmanagement – Führung im Klassenzimmer
Die Fähigkeit zur Gestaltung eines gelingenden Umgangs mit Gruppen ist eine der grundlegenden Kompetenzen die benötigt wird, um als Lehrkraft bestehen zu können. Diese Kompetenz ist keineswegs angeboren, sondern kann erlernt und trainiert werden: Entsprechend gehören Klassenmanagement, Führungsverhalten sowie Kommunikations- und Konfliktmanagement zu zentralen Lernfeldern in allen Phasen der Ausbildung von Lehrkräften.
Diese Managementfähigkeiten helfen z.B. dabei, im Unterricht Lehr-Lern-Prozesse gestalten und steuern zu können, Disziplinprobleme in den Griff zu bekommen und Konfliktsituationen zu bewältigen, genauso wie auch eine motivierende Schul- und Lernkultur zu befördern.
Lernen Sie in der folgenden Übung einige Elemente kennen, die zu einem gelingenden Klassenmanagement beitragen können:
Lehrkräfte haben die Möglichkeit durch Maßnahmen des Klassenmanagements, wie etwa Allgegenwärtigkeit oder abwechslungsreichen Gruppenunterricht, Unterrichtssituationen positiv zu beeinflussen und durch diese Formen des präventiven Verhaltens dafür zu sorgen, dass Störungen gar nicht erst aufkommen. Diese Kompetenzen werden bereits im Studium grundlegend gefördert und dann schwerpunktmäßig während des Vorbereitungsdienstes in der praktischen Arbeit weiterentwickelt.
Reflexion
Sie haben sich nun mit verschiedenen Aspekten des Handlungsfelds Erziehen und Beraten im Aufgabenbereich von Lehrkräften auseinandergesetzt und dabei auch einige Situationen kennengelernt, in denen Lehrerinnen und Lehrer erzieherisch und beratend tätig sein können. Im Laufe einer Arbeitswoche ergeben sich für eine Lehrkraft viele Momente, in denen sie ihre diesbezüglichen Kompetenzen einbringen kann – sei es um sich mit anderen abzusprechen, moderierend in Konfliktsituationen einzugreifen oder auch Entscheidungsprozesse beratend zu unterstützen.
Lehrerinnen und Lehrer haben eine Vorbildfunktion für ihre Schülerinnen und Schüler; von ihnen lernen sie nicht nur fachlich, sondern auch menschlich. Entsprechend ist mit den Aufgaben Erziehen und Beraten eine große Verantwortung verbunden: Schließlich sind die Erfahrungen, die wir während unserer Schulzeit mit unseren Lehrerinnen und Lehrern gesammelt haben, oftmals prägend für unser weiteres Leben – positiv wie negativ. Genauso werden unsere Vorstellungen davon, was eine gute bzw. was eine weniger gute Lehrkraft ausmacht, von unseren persönlichen Erfahrungen beeinflusst.
Wenn Sie Lehrerin bzw. Lehrer werden wollen, könnte es also lohnenswert sein, über diesen Aspekt noch einmal etwas genauer nachzudenken, um die eigenen Motivationen zur Berufswahl zu entdecken und zugleich etwas über Ihre potentiellen Entwicklungsfelder zu lernen. Hilfreich zur Entdeckung des eigenen „Lehrervorbildes“ können z.B. folgende Fragestellungen sein:
Welche Lehrerin bzw. Lehrer ist Ihnen aus Ihrer Schulzeit noch besonders positiv im Gedächtnis geblieben? Was waren die Gründe dafür? Was hat sie bzw. er in ihrer bzw. seiner Rolle besonders gut gemacht?
Gab es auch eine Lehrerin bzw. einen Lehrer, die bzw. der Ihnen weniger gut gefallen hat? Was ist ihr bzw. ihm aus Ihrer Sicht weniger gut bei der Wahrnehmung ihrer bzw. seiner Rolle gelungen?