Entwickeln

1. Professionalisierung und Schulentwicklung

Schulen bewegen sich: Weil jedes Jahr andere Schülerinnen und Schüler mit Eltern da sind, weil sich das Kollegium immer wieder anders zusammensetzt und auch weil die Rahmenbedingungen sich wandeln, z.B. da sich das Wohngebiet ändert oder Schulen neue bildungspolitische Aufträge erhalten (Inklusion, Gleichstellung oder Digitalisierung). Schulen sind gefordert, sich diesen Veränderungen zu stellen und sich zu entwickeln. Es muss über bestehende Organisationsformen nachgedacht werden und der Unterricht muss den veränderten Bedürfnissen und Ansprüchen gerecht werden. Und auch die Lehrkräfte sind gefordert, sich ständig weiter zu entwickeln – da spricht man dann von Professionalisierung. Lehrpersonen unterrichten, gleichzeitig wird erwartet, dass sie Veränderungen aktiv mitgestalten.

Dazu benötigen sie Organisationsbewusstheit, d.h. sie müssen sich als Teil einer Organisation verstehen und die Möglichkeiten mitdenken, die Organisationen bieten, um entwickelt zu werden. Da spricht man dann von Schulentwicklung. Sie benötigen dazu auch eine Bewusstheit für den Schulstandort, der in einem bestimmten Quartier liegt und der durch die Schulumgebung und durch die Menschen, die dort leben und arbeiten, mitbestimmt wird.

2. Kompetenzbereiche und Entwicklungspotentiale

In den folgenden Beispielen geht es daher zum einen um Professionalisierung, zum anderen um die Wahrnehmung einer Schulentwicklungsperspektive. Sie lernen verschiedene Kompetenzbereiche kennen, die für Lehrkräfte bei der Mitwirkung an Schulentwicklungsprozessen von Bedeutung sind. Wir stellen Ihnen drei Beispielsituationen vor, anhand derer Sie verschiedene Handlungsalternativen mit verschiedenen daraus folgenden Entwicklungspotentialen kennenlernen können.

Kompetenzbereich Differenzbewusstsein

Ein wichtiger Kompetenzbereich im Handlungsfeld von Schulentwicklung und Professionalisierung ist Differenzbewusstsein. Lehrpersonen arbeiten im Laufe ihres Arbeitstages mit ganz unterschiedlichen Personen zusammen (z.B. Schülerinnen und Schüler, Eltern, Kolleginnen und Kollegen, Jugendfürsorge im Quartier) und sind mit vielfältigen Situationen konfrontiert. Der Begriff des Differenzbewusstseins beschreibt die Fähigkeit, diese Vielfalt zu erkennen und für Schulentwicklungsprojekte zu nutzen. Die Lösungswege können dabei vielfältig sein und sich auf die Entwicklung des Unterrichts, der Schulorganisation und der Lehrkräfte am Schulstandort beziehen.

Reflexion

Anhand des Beispiels haben Sie nun verschiedene Alternativen dafür kennengelernt, wie Sie aus einer ursprünglich überfordernden Situation eine hilfreiche Verbesserung eines Arbeitsproblems entwickeln können. Wenn Sie sich alle vier Handlungsalternativen und die dazugehörigen Interpretationen noch einmal anschauen und miteinander vergleichen, wird Ihnen sicher deutlich, dass die Spielräume immer größer werden und immer umfassendere Lösungen gefunden werden können. Während Reaktion 1 noch auf kurzfristige Entlastung der eigenen Person abzielt, wird in Reaktion 4 das Wissen vieler Beteiligter genutzt, sodass letztlich Sie als Lehrkraft entlastet werden. Sie und das Kollegium können ihr Fachwissen ausbauen, die Schülerinnen und Schüler profitieren von einem verbesserten Unterricht, neue professionelle Netzwerke können entstehen und die Identifizierung mit dem Schulstandort wird gestärkt.

Kompetenzbereich Professionsbewusstsein

Lehrpersonen haben nicht nur eine fachliche, sondern auch eine fachdidaktische Expertise und sie verfügen über pädagogisches und psychologisches Wissen. All dies hilft ihnen, mit den täglichen Ungewissheiten und Herausforderungen im Schulalltag und im Unterricht umzugehen. Dennoch tauchen immer wieder neue Herausforderungen auf, die ein Weiterlernen verlangen.

Reflexion

Anhand des Beispiels haben Sie nun verschiedene Alternativen dafür kennengelernt, wie Sie aus einer ursprünglich überfordernden Situation eine hilfreiche Verbesserung eines Arbeitsproblems gefunden haben. Wenn Sie sich alle vier Handlungsalternativen und die dazugehörigen Interpretationen noch einmal anschauen und miteinander vergleichen, wird Ihnen sicher deutlich, dass die Spielräume immer größer werden und immer umfassendere Lösungen gefunden werden können. Während Sie bei Reaktion 1 dem Jugendlichen die Schuld geben und sich zunehmend hilflos fühlen, nehmen Sie in Reaktion 4 Ihr Wissen und Nicht-Wissen ernst, tauschen sich mit anderen dazu aus und suchen Hilfe von außen. Das ermöglicht das Kennenlernen von neuen Strategien und macht Handlungsspielräume auf, die vorher nicht zu sehen waren. Das gemeinsame Nachdenken ist nicht nur für Sie motivierend, sondern entfaltet eine positive Dynamik am Schulstandort.

Kompetenzbereich Qualitätsmanagement

Eine wichtige Aufgabe von Lehrpersonen besteht darin, sich an Maßnahmen von Schulentwicklung zu beteiligen, diese (mit zu) initiieren und gemeinsam mit dem Kollegium voranzubringen, um die Qualität von Schule zu verbessern. Dabei spielt auch die Mitwirkung an Evaluationen, d.h. die systematische Überprüfung der Wirksamkeit einer Maßnahme, eine wichtige Rolle.

Reflexion

Anhand des Beispiels haben Sie nun verschiedene Alternativen dafür kennengelernt, wie Sie Projekte innerhalb der Schule initiieren und durchführen können. Wenn Sie sich alle vier Handlungsalternativen und die dazugehörigen Interpretationen noch einmal anschauen und miteinander vergleichen, wird deutlich, dass die Reichweite und Vernetzung innerhalb der Schulcommunity immer größer wird. Während Sie bei Reaktion 1 auf niedrigschwelligem Niveau erste Signale ins Kollegium senden, ein Projekt zur Qualitätsverbesserung an Ihrer Schule im Bereich Lesen zu initiieren, betten Sie in Reaktion 3 Ihr Anliegen in einen schulischen Gesamtkontext ein, indem Sie mit Kolleginnen und Kollegen kooperieren. Mit der Reaktion 4 denken Sie auch weitere zentrale Akteure des Lebensraums Schule mit. Deutlich wurde auch, dass mit digitalen Werkzeugen, wie z.B. Schulplattformen, gerade bei der Koordination und Kooperation große Potenziale verbunden sein können, wie die asynchrone Kommunikation mit verschiedenen Kooperationspartnern, der Materialaustausch oder die gemeinsame Arbeit an Dokumenten. Es ist anzunehmen, dass entsprechende Tools in der schulischen Arbeit auf Ebene der Organisations- und Unterrichtsentwicklung immer stärker an Bedeutung gewinnen.

3. Abschluss

Anhand der vorangegangenen Beispiele konnten Sie einen Eindruck davon erhalten, wo sich Gelegenheiten für Professionalisierung und Schulentwicklung im Arbeitsalltag von Lehrkräften ergeben und wie sich diese auswirken können. Sie haben sicherlich auch bemerkt, wie diese beiden Aspekte oftmals miteinander im Zusammenhang stehen. Überlegen Sie abschließend: Welche Kompetenzen benötigen Lehrkräfte, um zu gelingenden Schulentwicklungsprozessen beitragen zu können? Welche weiteren Erkenntnisse nehmen Sie aus der Bearbeitung dieser Aufgabe für sich persönlich mit?